In einem Beschluss vom 26. August 2025 befasst sich das OLG München (18 W 677/25 Pre e) mit der Frage, ob ein E-Mail-Hosting-Dienst nach § 21 TDDDG zur Auskunft über Bestandsdaten verpflichtet ist, wenn dessen Dienst nicht unmittelbar zur Rechtsverletzung genutzt wurde. Die Entscheidung ist von erheblicher Bedeutung für die Reichweite der Auskunftspflichten bei rechtswidrigen Online-Inhalten und grenzt die Begriffe „digitaler Dienst“ und „Telekommunikationsdienst“ dogmatisch deutlich voneinander ab – zumal das LG München I es vorher noch anders gesehen hat!
OLG München: Keine Auskunftspflicht für E-Mail-Provider nach § 21 TDDDG weiterlesenSchlagwort: Datenschutz
US-Gericht weist OpenAI an: ChatGPT-Logs müssen unbegrenzt gespeichert werden
In einer beispiellosen einstweiligen Anordnung hat das US-Bezirksgericht für den südlichen Distrikt von New York (United States District Court Southern District of New York) unter dem Aktenzeichen 23-cv-11195 angeordnet, dass OpenAI alle ChatGPT-Logs unbegrenzt speichern muss. Diese Entscheidung wirft drängende Fragen über Datenschutz, Privatsphäre und die Macht von Gerichten auf, die weitreichende technologische Implikationen zu haben scheint. Ob man das so auf Deutschland übertragen könnte sehe ich allerdings (noch) skeptisch.
US-Gericht weist OpenAI an: ChatGPT-Logs müssen unbegrenzt gespeichert werden weiterlesenHessendata, Palantir und der digitale Ermittlungsstaat (Update)
Mit Palantir zwischen Effizienzversprechen und Grundrechtsgrenzen: Die Digitalisierung macht vor der Strafverfolgung nicht halt. Mit Systemen wie „Hessendata“, einer auf der Plattform „Gotham“ von Palantir Technologies basierenden Software, sind polizeiliche Ermittlungsbehörden in der Lage, Daten aus verschiedensten Quellen in Sekunden zu durchleuchten, zu verknüpfen und visuell aufzubereiten.
Was früher Tage oder Wochen manueller Recherche erforderte, ist nun mit wenigen Klicks erledigt. Und doch – oder gerade deshalb – stellt sich die Frage: Wie viel algorithmengestützte Ermittlungsarbeit verträgt ein Rechtsstaat? Und wo wird aus Ermittlungsintelligenz Überwachung? Update: Aktuelle Entwicklungen Ende Juni 2025 hinzugefügt.
Hessendata, Palantir und der digitale Ermittlungsstaat (Update) weiterlesenGestufte Darlegungslast und Kontrollverlust bei Datenschutzvorfällen
Die gerichtliche Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen nach Art. 82 DSGVO ist für Betroffene von Datenschutzvorfällen mit erheblichen prozessualen Hürden verbunden. Mit seinem Beschluss hat das Oberlandesgericht (OLG, 4 U 1273/24) Dresden klargestellt, wie sich die gestufte Darlegungslast bei der Betroffenheit eines Nutzers von einem Datenleck auf einer Internetplattform ausgestaltet und welche Anforderungen an den Nachweis eines immateriellen Schadens durch Kontrollverlust zu stellen sind – dabei wird klargestellt, dass haveibeenpwned.com eine Hilfe sein kann, was nicht alle Gerichte so sehen.
Gestufte Darlegungslast und Kontrollverlust bei Datenschutzvorfällen weiterlesenBVerwG konkretisiert Zugriff auf Cloud-Speicher in Disziplinarverfahren
Digitale Durchsuchung mit Grenzen: Die fortschreitende Digitalisierung stellt auch das Disziplinarrecht der Bundeswehr vor neue Herausforderungen. In einem aktuellen Beschluss vom 4. Dezember 2024 (BVerwG, Az. 2 WDB 7/24) hat sich der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts mit der Frage auseinandergesetzt, inwieweit bei Verdacht auf strafbares Verhalten digitale Endgeräte und externe Datenspeicher eines Soldaten durchsucht werden dürfen. Im Mittelpunkt stand dabei insbesondere die Zulässigkeit der Durchsuchung von Cloud-Diensten.
BVerwG konkretisiert Zugriff auf Cloud-Speicher in Disziplinarverfahren weiterlesenWie Künstliche Intelligenz beim File Carving die digitale Spurensuche revolutioniert
In der modernen Strafverfolgung ist das Dateisystem längst nicht mehr der verlässlichste Zeuge. Wer Spuren verwischen will, löscht Dateien, formatiert Speicher oder verschlüsselt ganze Datenträger. Doch selbst dann bleiben Fragmente zurück – Datenreste, die in den ungenutzten Sektoren einer Festplatte auf ihre Wiederentdeckung warten. File Carving ist die forensische Methode, genau diese digitalen Fossilien auszugraben. Mit Künstlicher Intelligenz wird dieses Puzzlen nun intelligenter – und effizienter. Aber vielleicht auch rechtlich problematischer.
Wie Künstliche Intelligenz beim File Carving die digitale Spurensuche revolutioniert weiterlesenIP-Catching: Wenn das Netz zur Rasterfahndung wird – und niemand etwas davon wissen soll
Stellen Sie sich vor, ein Geheimdienst hätte die Möglichkeit, alle Briefe, die an eine bestimmte Adresse geschickt werden, kurz zu öffnen, deren Absender zu registrieren und dann – zumindest offiziell – gleich wieder zu vergessen, was im Umschlag stand. Ungeheuerlich? Willkommen im digitalen Äquivalent: IP-Catching, was nun zunehmend in die Berichterstattung gerät.
IP-Catching: Wenn das Netz zur Rasterfahndung wird – und niemand etwas davon wissen soll weiterlesenLG München I bejaht Auskunftsanspruch gegen E-Mail-Anbieter
Arbeitgeber sehen sich zunehmend anonymen Bewertungen auf Portalen wie Kununu oder Glassdoor ausgesetzt, deren Inhalte mitunter nicht nur kritisch, sondern potenziell rufschädigend sind. Vor diesem Hintergrund gewinnt die Frage an Bedeutung, ob und wie Unternehmen gegen rechtswidrige Bewertungen vorgehen können. Das Landgericht München I hat mit Beschluss vom 19. Februar 2025 (Az. 25 O 9210/24) einen Auskunftsanspruch nach § 21 TDDDG gegen einen E-Mail-Anbieter bejaht – auch dann, wenn die betreffende Bewertung nicht direkt über dessen Dienst verbreitet wurde.
Update: Die Entscheidung wurde vom OLG München aufgehoben, die die Sache anders gesehen haben und allein das TKG anwendbar finden!
LG München I bejaht Auskunftsanspruch gegen E-Mail-Anbieter weiterlesenBeweissicherung versus Datenschutz: Unzulässigkeit der Aufbewahrung privater Videoaufnahmen im Nachbarschaftsstreit
Die Frage, wann private Foto- oder Videoaufnahmen im zivilrechtlichen Kontext datenschutzrechtlich zulässig sind, beschäftigt die Gerichte regelmäßig – nicht zuletzt seit Inkrafttreten der DSGVO. Das Urteil des Amtsgerichts Lörrach vom 3. März 2025 (Az. 3 C 1099/24) ist in dieser Hinsicht von besonderem Interesse: Es stellt klar, dass selbst ein nachvollziehbares Interesse an Beweissicherung im nachbarschaftlichen Umfeld nicht jede Datenverarbeitung rechtfertigt. Entscheidend ist vielmehr die Erforderlichkeit der Datenverarbeitung – und diese kann objektiv fehlen, selbst wenn subjektiv ein Konflikt vorliegt.
Das Gericht stellt dabei hohe Anforderungen an die Zulässigkeit privater Überwachungshandlungen und betont zugleich die gerichtliche Kontrollkompetenz hinsichtlich der behaupteten Indizqualität solcher Aufnahmen. Das Urteil zeigt exemplarisch, wie sich der datenschutzrechtliche Grundsatz der Datenminimierung auch im Spannungsfeld privater Rechtsdurchsetzung behauptet.
Beweissicherung versus Datenschutz: Unzulässigkeit der Aufbewahrung privater Videoaufnahmen im Nachbarschaftsstreit weiterlesenAuskunftspflicht von E-Mail-Dienstleistern bei anonymen Online-Bewertungen
In einer grundlegenden Entscheidung vom 19. Februar 2025 (Az. 25 O 9210/24) hat das Landgericht München I über die Frage entschieden, ob ein Anbieter von E-Mail-Diensten dazu verpflichtet ist, Auskunft über Bestandsdaten von Nutzern zu erteilen, deren E-Mail-Adressen mit anonymen, möglicherweise rechtsverletzenden Online-Bewertungen in Verbindung stehen.
Der Beschluss behandelt nicht nur die dogmatische Reichweite des neuen § 21 TDDDG, sondern stellt auch klar, dass der Auskunftsanspruch nicht davon abhängig ist, ob die inkriminierte Äußerung über den Dienst des Auskunftspflichtigen selbst verbreitet wurde. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob der datenschutz- und meinungsrechtlich heikle Anspruch auf Entanonymisierung bei digitalen Kettenbeziehungen greift – und unter welchen Voraussetzungen ein solcher Eingriff in die Sphäre der Nutzer gerechtfertigt ist.
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