Videoüberwachung: Rechtsprechungsübersicht zur Kameraüberwachung

Kameraüberwachung: In diesem Artikel finden Sie eine kurze juristische Gesamtschau zum Thema „Kameraüberwachung“. Es geht darum, einen sehr kurzen Überblick über das komplexe Thema zu vermitteln und auch ein wenig Sensibilität zu erzeugen. Neben einer kurzen Darstellung rechtlicher Grundlagen finden Sie eine ausgewählte Rechtsprechungsübersicht, Ausführungen zu Streitigkeiten mit Mietern, Nachbarn und Disco-Betreibern.

Dieser Beitrag wird laufend aktualisiert. Trotz seines Umfangs kann er nur als Überblick verstanden werden, die Rechtsprechung ist fliessend und orientiert sich am Einzelfall. Gerade im geschäftlichen Bereich gilt zunehmend, dass Sie jedenfalls vor einschneidenden Maßnahmen eine rechtliche Prüfung heran ziehen sollten.

Beachten Sie: Neben diesem Artikel gibt es noch einen Beitrag bei uns, in dem ohne Rechtsprechung ein Überblick über die Zulässigkeit von Videoüberwachungs-Maßnahmen geboten wird.

Gesetzliche Grundlagen

Die seit Mai 2018 wirksame Datenschutz Grundverordnung (DS-GVO) enthält keine speziellen Regeln zur Videoüberwachung. Deswegen müssen die datenschutzrechtlichen Anforderungen an den Einsatz von Videoüberwachung aus den allgemeinen Regelungen des Gesetzeswerks abgeleitet werden. Es muss differenziert werden: Unternehmen werden den § 4 BDSG beachten müssen. Da das BDSG beim Handeln im privaten und familiären Umfeld keine Anwendung findet, ist in diesem Bereich weniger an eine konkrete Norm als vielmehr an eine generelle Abwägung zwischen allgemeinem Persönlichkeitsrecht und Überwachungsinteresse zu denken, wobei der Einzelne seinen privaten Grund grundsätzlich überwachen darf. Der EUGH (C-212/13) hat insoweit klargestellt, als eine auch nur teilweise erfolgte Videoüberwachung des öffentlichen Raums immer die Anwendbarkeit des Datenschutzrechts begründen soll:

Soweit sich eine Videoüberwachung (…) auch nur teilweise auf den öffentlichen Raum erstreckt und dadurch auf einen Bereich außerhalb der privaten Sphäre desjenigen gerichtet ist, der die Daten auf diese Weise verarbeitet, kann sie nicht als eine ausschließlich „persönliche oder familiäre“ Tätigkeit (…) angesehen werden.

Verbreitete Beispiele für eine Erfassung im rein privaten Raum sind der heimlich überwachte Babysitter oder gar die hausinterne Überwachung der eigenen Kinder. Hier gilt: Weder Babysitter noch die eigenen Kinder sind Freiwild, das dem eigenen Gutdünken unterworfen ist, insbesondere eine Verbreitung derartiger Aufnahmen wird regelmäßig unzulässig sein. Zunehmend finden Kameras auch bei Streitigkeiten unter Nachbarn Einsatz – hier gilt das soeben gesagte genauso. Dabei darf der Laie sich nicht verschätzen: Die Tatsache, dass keine direkte gesetzliche Regelung für diesen Fall existiert macht den Einsatz nicht leichter, sondern vielmehr schwieriger – als Laie (der zudem Betroffen ist), werden Sie im Zweifelsfall gar nicht die Abwägung vornehmen können, die nötig ist.

Die öffentliche Hand hat es etwas schwieriger, hierbei sind je nach Bundesland unterschiedliche Normen zu beachten. In NRW beispielsweise bietet das Polizeigesetz umfassende Klauseln zur Überwachung (nicht nur) mit Kameras. Die Ordnungsbehörden, die sich auf das OBG stützen, haben es etwas schwerer, weil das OBG NW zwar auf einzelne Normen des PolG NW verweist, aber eben nicht auf den §15a PolG NW, der die Kameraüberwachung öffentlicher Plätze erlaubt. Ordnungsbehörden verbleibt hier nur der Rückgriff auf den §29b Landesdatenschutzgesetz NW, der eine Beobachtung im Rahmen des Hausrechts zulässt und bei konkreter Gefahr (aber nur dann!) auch eine Aufzeichnung.

Grundlegende Rechtsprechungsübersicht zur Videoüberwachung

Am Anfang steht die Entscheidung des BVerfG (1 BvR 2368/06), in der klar gestellt wird, dass eine Überwachung öffentlicher Plätze eine klare und restriktive gesetzliche Regelung benötigt. Insofern ist dann auch die flächendeckende Überwachung von Bürgersteigen nicht möglich (AG Berlin-Mitte, 16 C 427/02).

Videoüberwachung im Arbeitsverhältnis

Laut BAG (1 ABR 16/07) ist die Überwachung von Mitarbeitern nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Allerdings benötigt es bei gezielter Überwachung eines einzelnen Mitarbeiters eines konkreten Verdachtes, ein Generalverdacht ist nicht ausreichend (so auch das LAG Köln, 4 Sa 772/06, sowie die Novelle des BDSG ab 2009). Eine unzulässige Kameraüberwachung von Arbeitnehmern kann dabei teuer werden, das Hessische Landesarbeitsgericht (7 Sa 1586/09) erkannte auf einen Schadensersatzanspruch von 7.000 Euro.

Videoüberwachung im Mietverhältnis

Kameras in Mietshäusern sind auf dem Vormarsch, dabei hat das KG Berlin geurteilt (8 U 83/08), dass Kameras in dortigen Aufzügen unzulässig sind. Ebenso lehnen das AG Frankfurt a.M. (30 C 3173/08-47) und AG München (423 C 34037/08) eine Kamera eines Mieters an einem Mietshaus ab, sowie das LG Berlin (62 S 37/05) die Kameraüberwachung in einem Mietshaus. Das OLG Düsseldorf (I-3 Wx 199/06) lehnte die Überwachung eines Stellplatzes ab, ebenso wurde das Filmen der Wohnungstüre eines Mieters untersagt. Anders sah es das AG Saarbrücken (36 C 155/10 (12)), das mit Blick auf tatsächlich zurück gegangene Einbruchszahlen und das Interesse der Eigentümer an mehr Sicherheit gewichtete, dass das Persönlichkeitsrecht der Mieter zurück zu treten habe. Die Entscheidung ist als Einzelfallentscheidung einzustufen, der keine besondere Bedeutung zukommt. Aber auch der Bundesgerichtshof (V ZR 210/10, hier bei uns) sagt, dass alleine die abstrakte Möglichkeit eines Missbrauchs nicht ausreicht – und segnete eine Kamera in einem Klingelschild ab.

Videoüberwachung und Attrappen

Hierbei ist nochmals zu betonen, dass es keinen Unterschied macht, ob die (vermeintliche) Kamera auch funktionstüchtig ist oder gar nur eine Attrappe: Sofern der Betroffene glauben kann, dass er überwacht wird, ist die gesamte Maßnahme auch als Videoüberwachung zu beurteilen, da sich hier der „Überwachungsdruck“ auswirkt (dazu BGH VI ZR 176/09, u.a. in MMR2010, S.502ff. unter Rückgriff auf LG Bonn in NJW-RR 2005, 1067ff. – hier besprochen). Bei der Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts spielt es letztlich keine Rolle, ob der Betroffene nur glaubt sich nicht frei entfalten zu können oder tatsächlich darin beeinträchtigt ist, dazu nur die grundlegende Feststellung des LG Darmstadt (8 O 42/99).

Videoüberwachung im Nachbarschaftlichen Verhältnis

Allerdings dazu unten die Einschränkungen im Bereich des nachbarschaftlichen Verhältnisses beachten – dort ist es umstritten, anders als in Mietshäusern. Ein aktuell anders lautendes Urteil des AG Brühl (23 C 435/09), das eine Attrappe als nicht relevant eingestuft hat, dürfte angesichts der einhelligen anders lautenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur keinen Bestand haben. Jedoch ist zu Beachten, dass zumindest die (nahe liegende) Möglichkeit einer Überwachung angenommen werden muss (so BGH VI ZR 176/09 und V ZR 210/10). Eine nur hypothetische, nicht einmal nahe liegende Möglichkeit einer Überwachung reicht nicht aus. Der BGH verlangt insofern konkrete Umstände, die diesen Verdacht „nähren“. Insofern läuft es immer auf eine Würdigung der Gesamtumstände hinaus, dazu auch das Amtsgericht Lemgo.

Nicht zu vernachlässigen ist die Entscheidung des BGH (VI ZR 272/94) aus dem Jahre 1995, die eine klare Einschränkung bei öffentlichen Wegen (hier: Öffentlicher Zugang zu einem Grundstück) vorsieht:

Die Herstellung von Bildnissen einer Person, insb. die Filmaufzeichnung mittels einer Videokamera, kann auch in der Öffentlichkeit zugänglichen Bereichen, etwa auf einem öffentlichen Weg, einen unzulässigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen darstellen, selbst wenn keine Verbreitungsabsicht besteht. Ob ein derartiger rechtswidriger Eingriff anzunehmen ist, kann nur unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und durch Vornahme einer die (verfassungs-)rechtlich geschützten Positionen der Beteiligten berücksichtigenden Güter- und Interessenabwägung ermittelt werden.

Diese Wertung dürfte auch bei der Frage von Belang sein, wie weit sich der Begriff des Hausrechts i.S.d. §32a LDSG NW erstreckt – die Verwaltung tendiert hier zu einer sehr extensiven Auslegung, um möglichst auch öffentliche Wege vom jeweiligen Gebäude aus zu Beobachten, was angesichts der Rechtsprechung zumindest fragwürdig erscheint.
Auch mit Blick auf neuere Entwicklungen – nachdem KFZ beschädigt wurden auf Parkplätzen fangen die Halter an, ihren Stellplatz zu filmen – ist dringend davor zu warnen, unbedacht und ohne eingehende Beratung einen öffentlichen Platz zu filmen.

Ganz besonders ist hier daran zu denken, dass man anfängt, seine Nachbarn zu filmen. Dabei ist noch nicht ganz klar, ab wann sich der Nachbar wehren kann. Zumindest das LG Bonn (8 S 139/04) bejaht einen Unterlassungsanspruch bei einer aufgerichteten Kamera schon dann, wenn diese auch noch gar nicht aktiviert wurde. Ebenso ganz aktuell das OLG Köln (21 U 22/08). Anders das LG Koblenz (12 S 17/06) sowie das LG Bielefeld. Der BGH (VI ZR 176/09) hat sich dazu inzwischen auch schon geäußert und stellt fest, dass schon die hypothetische Möglichkeit einer Überwachung durch Videokameras ein Eingriff in die Rechte von Nachbarn sein könne (so auch AG Meldorf, 83 C 568/11, hier besprochen und das AG Berlin-Schöneberg, 19 C 166/12, hier besprochen).

Allerdings müssen Nachbarn bedenken, dass ein vorbeugend geltend gemachter Anspruch zumindest begründet anzunehmen sein muss, wie etwa das AG Brandenburg (31 C 138/14) klar gestellt hat:

Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch dahingehend zu, dass diese es zu unterlassen hat, dass auf ihrem Grundstück Kameras derart eingestellt und betrieben werden, dass das Hausgrundstück des Klägers sowie der vom Kläger und seiner Familie und seinen Besuchern genutzten Zugangsweg auf dem Grundstück der Beklagten vom Aufnahmebereich dieser Kameras erfasst werden können (Art. 1 Abs. 1 u. Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. §§ 823 Abs. 1 u. 1004 Abs. 1 BGB unter Beachtung von §§ 6 u. 6b Bundesdatenschutzgesetz und § 201a StGB), so dass die von der Beklagten installierte Videoüberwachungsanlage auf Antrag der Klägerseite nunmehr so einzustellen ist, dass diese Anlage ausschließlich nur noch die Grundstücksbereiche des Hofgrundstücks der Beklagten jedoch ohne Bereich des Zugangswegs des Klägers erfassen kann. (…) Das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit schützt nämlich nicht nur vor tatsächlicher Bildaufzeichnung. Es schützt bereits vor der berechtigten Befürchtung einer Bildaufzeichnung.

Videoüberwachung durch Dashcams

Auch bei Dashcams zeigt sich die Rechtsprechung kritisch und nahm jedenfalls im Zivilprozess regelmäßig ein Verwertungsverbot an, inzwischen dürfte man dies aber nicht so pauschal sagen können.

Videoüberwachung im öffentlichen Raum

Allerdings hat der BGH (V ZR 220/12) inzwischen auch klar gestellt, dass die Videoüberwachung des Eingangsbereichs eines Hauses in dem mehrere Parteien leben, durchaus möglich sein kann – letztlich kommt es hier dann auf die Interessenabwägung an. Jedenfalls ist bei einer Wohnungseigentumsanlage ein Gemeinschaftsbeschluss herbei zu führen. Weiter ist ein Unterlassungsanspruch nicht vorhanden, wenn objektiv feststeht, dass weder öffentliche noch fremde private Flächen (also Nachbars Garten) erfasst werden. Dabei nimmt der BGH noch ein Korrektiv vor, er betrachtet nämlich, ob eine Änderung der erfassten Fläche nur durch einen von außen erkennbaren Eingriff möglich ist (Schwenk der Kamera etwa).

Übrigens: Auch in der Öffentlichkeit gibt es Rückzugsräume, die nicht überwacht werden dürfen. So etwa laut AG Hamburg (AZ 4 C 134/08) der Aufenthaltsbereich eines Cafés. Bemerkenswert ist auch ein Urteil des VG Wiesbaden (6 K 1063/09.WI), das feststellt, dass durch eine Kameraüberwachung Besucher daran gehindert werden können, öffentliche Gerichtsverhandlungen zu besuchen. Aus diesem Grund wurde eine Anlasslose Überwachung eines Gerichtsgebäudes für rechtswidrig befunden. Die Frage der Kameraüberwachung in Gerichtsgebäuden ist dagegen noch umstritten, dazu hier eine Übersicht.

Praxis – Aufnahmen im Alltag: Sensibilität ist gefragt

Die heutige Verbreitung von digitalen Kameras und Mobiltelefonen mit Kameras bemerkt man auch im Alltag: Gerne werden ungefragt Bilder gemacht, im Kindergarten bei Feiern, bei Familiären Feiern etc. Und ebenso gerne werden diese Bilder auch mal ins Netz gestellt, nicht nur, aber auch bei Facebook & Co. Die Betroffenen denken dabei regelmäßig auch nichts böses.

Hier gilt, dass es schon ein Gebot der Höflichkeit ist, vor dem Fotografieren wenigstens kurz zu fragen- auch bei Familienfeiern. Dabei muss unterschieden werden zwischen dem Erstellen des Fotos und dem, was man damit macht. Sollte das Foto später veröffentlicht werden, ist -und das hat mit Höflichkeit gar nichts mehr zu tun – ausdrücklich darauf hinzuweisen und um Erlaubnis zu bitten.

Häufig wird gefragt, wie sich das Alter auswirkt – kann etwa ein 13jähriges Kind eine Einwilligung erteilen? Hierbei ist nicht auf die Geschäftsfähigkeit abzustellen, sondern auf die persönliche Einsichtsfähigkeit, die individuell festzustellen ist. Ich zitiere hier aus meiner Einschätzung für Schulen:

Insofern rate ich dringend dazu, nicht anhand des Alters zu pauschalisieren und im Optimalfall nicht nur die Einwilligung des Kindes oder der Eltern, sondern spätestens ab der 5. Klasse (also auf der weiterführenden Schule) immer beide zu Fragen. Nicht nur aus Gründen der Rechtssicherheit, sondern auch um dem schulischen Auftrag, der Bildung der Reife des Schülers, nachzukommen. Ab wann man den Schüler alleine einwilligen lässt sollte Ausnahmslos im Einzelfall unter Berücksichtigung der persönlichen Einsichtsfähigkeit entschieden werden.

Discotheken und Partys

In diesem Bereich ist die Problematik mit „Disco-Fotos“ hervor zu heben. Das AG Ingolstadt (10 C 2700/08) hat zutreffend festgestellt, dass Disco-Betreiber nicht ohne ausdrückliche Einwilligung Fotos ihrer Besucher anfertigen und zu Werbezwecken nutzen dürfen. Von mir dazu folgende Anmerkungen:

  • Sobald die Einwilligung über AGB untergeschoben werden soll (hier stand eine Hausordnung im Raum, die man mit einer Clubmitgliedschaft akzeptiert, also AGB), ist zu beachten, dass die entsprechenden Regelungen besonders hervor zu heben sind (§4a I 3 BDSG). Ein Verstoß ist ein Unwirksamkeitsgrund – und ich stelle häufig einen Verstoß gegen diese Regelung fest.
  • Selbst wenn dies eingehalten wird, wird man sich streiten müssen, ob eine solche Regelung nicht überraschend ist. Denn man muss eben nicht damit rechnen, bei einem Disco-Besuch der Willkür des Betreibers ausgesetzt zu sein, ob man mittels (peinlicher) Fotos in die Öffentlichkeit gezerrt wird. Die Tatsache, dass solche Fotos verbreitet sind, heißt insofern gar nichts, denn alleine aus der Existenz der Praxis solcher Fotos lässt sich nicht schließen, dass andere Betreiber nicht ordnungsgemäß eine Einwilligung einholen. So oder so: Ein häufig begangener Rechtsbruch kann nicht die Rechtslage ändern.
  • Wiederum muss betont werden, dass die datenschutzrechtliche Einwilligung an der persönlichen Einsichtsfähigkeit zu messen ist, die nicht das Gleiche wie die Geschäftsfähigkeit im Sinne des BGB ist. Inwiefern bei Teenagern, die mitunter auch noch alkoholisiert sind, eine entsprechende Einsichtsfähigkeit vorliegt, muss man wohl im Einzelfall beurteilen.
  • Zuletzt dürfte seit dem 1.9.09 in diesem Fall das neu eingeführte Koppelungsverbot des §28 Absatz 3b BDSG greifen, das die Koppelung zwischen Einwilligung und Eintritt wahrscheinlich unwirksam werden lässt, so dass Gerichte gar nicht erst zur Frage, ob eine Einwilligung vorliegt, kommen müssen.
  • Disco-Betreiber sollten dringend die vorherige rechtliche Beratung suchen und keinesfalls selbst ausgedachte oder sonst woher bezogene AGB zum Einsatz bringen, um sich damit auf der sicheren Seite zu fühlen – wer die letzten Stichpunkte gelesen hat, muss begriffen haben, dass es so nicht funktionieren kann.

Arbeitnehmer auf der Firmenwebseite

Gerne präsentieren Arbeitgeber auf ihrer Firmenwebseite auch Fotos von ihren Angestellten. Beachten Sie als Arbeitgeber (oder Webmaster der eigenverantwortlich handelt) in jedem Fall das Persönlichkeitsrecht Ihrer Angestellten! Jedenfalls wenn der Angestellte auf Erbeten ausdrücklich einwilligt, wird die Verwendung eines Fotos kein Problem sein. Doch damit ist es nicht erledigt: Die Frage, wie lange ein bestimmtes Foto genutzt werden kann, insbesondere wie damit nach dem Ausscheiden des Mitarbeiters verfahren werden soll/darf, ist immer wieder ein Streitpunkt. Zwar kann es ein stillschweigendes Einverständnis geben und eine Nutzung ohne konkreten Personenbezug auch beim Ausscheiden noch stattfinden (so das LAG Köln, 7 Ta 126/09), doch muss man diese Grauzone gar nicht erst betreten. Das Thema ist bei uns in einem eigenen Artikel umfassend dargestellt, zu finden hier.

Beweisverwertungsverbote bei Videoüberwachung

Nicht selten glauben Eigentümer, gerne auch die öffentliche Verwaltung, durch vehementes Ignorieren der gesetzlichen Vorgaben dennoch das Ziel erreichen zu können. So werden- mitunter auch in Unkenntnis der rechtlichen Lage – illegale Kameraüberwachungen durchgeführt und somit hin und wieder tatsächlich Täter gefunden. Womit die Betroffenen aber nicht rechnen ist, dass die Rechtsprechung hier nicht selten ein Beweisverwertungsverbot sieht, so dass man zwar den Täter kennt, aber dennoch nichts erreichen kann, da das Gericht die Aufnahmen nicht verwerten wird.

So geschehen ist dies beispielsweise beim KG Berlin (8 U 83/08) als man Aufnahmen aus einem Aufzug verwerten wollte (hier ging es um Schmierereien). Genauso entschied das OLG Karlsruhe (12 U 180/01) als es um die verdeckte Überwachung einer Tiefgarage ging. Nachdem das OLG (unschwer) eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts festgestellt hat, formulierte es ein umfassendes Verwertungsverbot:

Die Rechtswidrigkeit der Beweismittelbeschaffung führt zur Unverwertbarkeit des Beweismittels (LAG Köln, BB 1997, BB Jahr 1997 Seite 476). Nach dem Schutzzweck des verletzten Persönlichkeitsrechts hindert hier der Verstoß gegen das Beweiserhebungsverbot die Verwertung des Beweismittels (Musielak/Foerste, ZPO, 2. Aufl., § 284 Rdnrn. 6f.). Das Videoband darf deshalb nicht in Augenschein genommen und das Ergebnis einer Inaugenscheinnahme nicht zu Lasten der Bekl. verwertet werden. Darüber hinaus dürfen zu Lasten der Bekl. auch die Aussagen der Zeugen nicht verwertet werden, denen der Kl. – und später das LG bei der Beweisaufnahme – die Aufzeichnungen vorgeführt hat. Anderenfalls könnte das auf einem Beweiserhebungsverbot beruhende Beweisverwertungsverbot unschwer umgangen werden (vgl. dazu Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 284 Rdnr. 61).

Genauso sieht es übrigens auch das OLG Köln (24 U 12/05) und das Arbeitsgericht Düsseldorf (11 Ca 7326/10). Noch weiter ging das Arbeitsgericht Düsseldorf (9 BV 183/10), als es einen zwar vorhandenen Hinweis letztlich nicht ausreichen lässt, da er zu unauffällig war – auch in diesem Fall wurde ein Beweisverwertungsverbot angenommen. Beachten Sie die Besprechung der Frage der Videoüberwachung von Arbeitnehmern an Hand der Düsseldorfer Rechtsprechung. Allerdings ist das Bundesarbeitsgericht (2 AZR 153/11) bei der Aufklärung von Straftaten (erwartungsgemäß) liberaler, dazu hier bei uns. Auch das Amtsgericht Köln (526 Ds 490/14, hier bei uns) sieht eine Verwertung im Strafverfahren.

Auch bei Dashcams ist eine Verwertung nicht grundsätzlich ausgeschlossen.

Die Rechte des Betroffenen

Der zu Unrecht gefilmte hat vor allem einen Unterlassungsanspruch, folgend aus §§823, 1004 BGB. Speziell im Bereich von Wohnanlagen wird man wohl häufig den Fall finden, dass ein Betroffener sich zivilrechtlich wehrt und dabei evt. auch eine Mehrheit gegenüber hat, die anderer Meinung ist. Hierbei ist festzustellen, dass sowohl einzelne Mieter als auch bei WEG einzelne Parteien einen Unterlassungsanspruch haben können (dazu nur der BGH, VI ZR 272/94), wie man etwa auch beim Amtsgericht Bergisch Gladbach (70 C 17/15, hier bei uns) nachlesen kann.

Rechtsanwalt Jens Ferner (IT-Fachanwalt & Strafverteidiger)

Veröffentlicht von

Rechtsanwalt Jens Ferner (IT-Fachanwalt & Strafverteidiger)

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Strafrecht & IT-Recht mit einem Faible für Cybercrime, IT-Forensik, Cybersecurity und digitale Beweismittel.