BVerfG zu ANOM: Vertrauen ohne Kontrolle?

Am 23. September 2025 hat das Bundesverfassungsgericht (2 BvR 625/25) eine Entscheidung von großer Tragweite für die deutsche Strafjustiz getroffen. Es lehnte die Annahme einer Verfassungsbeschwerde gegen die Verwertung von ANOM-Chats in einem Strafverfahren ab. Was unbedeutend klingt ist eine echte Zeitenwende für den Umgang mit digitalen Beweismitteln in diesem Land.

Hinweis: Ich habe bereits auf LinkedIn dazu Kritik verlautbaren lassen und wurde zu einem Kommentar bei Beck.aktuell eingeladen. Beachten Sie auch meine Publikationen in jurisPR-ITR 16/2024 Anm. 4 und jurisPR-StrafR 11/2023 Anm. 4 – vom Bundesgerichtshof zitiert in BGH 1 StR 54/24.
Strafrechtler sollten die gesamten Entwicklungen kritisch begleiten und hinterfragen, wobei auffällt, dass bis auf sehr vereinzelte Stimmen ein einhelliges Echo hinsichtlich dieser Rechtsprechung zu vernehmen ist.

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LG Frankfurt aM zum Nachweis einer Täuschung in Programmierer-Prüfung

Verdächtiger Programmcode: Die Digitalisierung im Unialltag, speziell bei Prüfungen, ist natürlich eine echte Herausforderungen – gerade wenn es darum geht, faire Prüfungsbedinungen zu schaffen und Täuschungsversuche zu unterbinden. Ein besonders brisanter Fall landete im Jahr 2022 vor dem Landgericht Frankfurt am Main (Az. 2-01 S 89/22): Ein Student der Fachrichtung Business Administration hatte eine Online-Klausur im Fach „Introduction to Programming” geschrieben, die von der Hochschule als Täuschungsversuch gewertet und mit null Punkten bewertet wurde.

Der Grund? Der Student hatte in einer Aufgabe exakt das Ergebnis geliefert, das nur dann korrekt gewesen wäre, wenn er verbotene Hilfsmittel genutzt hätte – konkret eine Python-Programmierumgebung. Zur Überprüfung der Eigenständigkeit der Leistungen hatte die Hochschule unsichtbare Zeichen in den Klausurtext eingebaut. Diese führten bei einem Kopieren in ein externes Programm zu einem anderen Ergebnis als die sichtbare Aufgabenstellung. Der Student bestritt, getäuscht zu haben, und klagte auf Neubewertung. Das Landgericht Frankfurt wies die Klage ab und bestätigte damit die Entscheidung der Hochschule. Die Begründung des Gerichts wirft grundsätzliche Fragen auf: Wie weit reicht der Beurteilungsspielraum von Hochschulen bei Verdacht auf Prüfungsbetrug? Und welche Beweisanforderungen gelten, wenn sich ein Student gegen den Vorwurf der Täuschung wehrt?

Der Fall illustriert nicht nur die technischen Möglichkeiten der Betrugserkennung in Online-Prüfungen, sondern auch die rechtlichen Maßstäbe, die Zivilgerichte anlegen, wenn es um die Überprüfung von Prüfungsentscheidungen an privaten Hochschulen geht. Während öffentliche Hochschulen in solchen Fällen oft vor den Verwaltungsgerichten landen, müssen Studierende privater Hochschulen den Zivilrechtsweg beschreiten – mit eigenen Regeln und Hürden. Was das konkret bedeutet, zeigt ein Blick auf die aktuelle Rechtsprechung, die sich in den letzten Jahren zu einem klaren System verdichtet hat.

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Gestufte Darlegungslast und Kontrollverlust bei Datenschutzvorfällen

Die gerichtliche Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen nach Art. 82 DSGVO ist für Betroffene von Datenschutzvorfällen mit erheblichen prozessualen Hürden verbunden. Mit seinem Beschluss hat das Oberlandesgericht (OLG, 4 U 1273/24) Dresden klargestellt, wie sich die gestufte Darlegungslast bei der Betroffenheit eines Nutzers von einem Datenleck auf einer Internetplattform ausgestaltet und welche Anforderungen an den Nachweis eines immateriellen Schadens durch Kontrollverlust zu stellen sind – dabei wird klargestellt, dass haveibeenpwned.com eine Hilfe sein kann, was nicht alle Gerichte so sehen.

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KG Berlin zur Beweisaufnahme im Verfügungsverfahren und §312h als Marktverhaltensregel

In seinem Beschluss vom 12. Dezember 2024 (Az. 5 U 77/22) behandelt das Kammergericht Berlin eine zentrale Fragestellung des digitalen Verbraucherschutzrechts: Reicht eine digital unterzeichnete Kündigungsvollmacht zur wirksamen Kündigung eines Energieversorgungsvertrags durch einen Drittanbieter aus? Das Verfahren beleuchtet nicht nur die Auslegung des § 312h BGB als Marktverhaltensregel, sondern illustriert zudem sehr plastisch, welche Anforderungen an die Beibringung und Verwertung von Beweismitteln im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gelten – insbesondere bei elektronischen Beweismitteln wie Audio-CDs.

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Digitale Beweismittel

Digitale Beweismittel: Wie geht man mit digitalen Beweismitteln (richtig) um? Diese Frage ist allgegenwärtig und leider kaum Gegenstand juristischer Auseinandersetzungen: Es gibt nur eine extrem überschaubare Anzahl von Aufsätzen zum Thema, gerichtliche Entscheidungen sind noch seltener. Dabei drängt sich gerade mit der zunehmenden Digitalisierung des Prozesswesens diese Frage auf.

Vor allem eine Frage ist inzwischen ebenso drängend wie vollkommen aus dem Fokus geraten: Was ist ein digitales Beweismittel? In diesem Beitrag gehe ich auf die wesentlichen Problembereiche rund um digitale Beweismittel ein, ich widme dabei einen wesentlichen Teil meines Alltags rund um technische und rechtliche Fragen von IT-Forensik und digitaler Beweismittel. Inzwischen war ich zum Thema auch zwei Podcasts, die am Ende verlinkt sind! Inzwischen habe ich mehrere Aufsätze zum Thema digitale Beweismittel und IT-Forensik publiziert.

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Beweissicherung versus Datenschutz: Unzulässigkeit der Aufbewahrung privater Videoaufnahmen im Nachbarschaftsstreit

Die Frage, wann private Foto- oder Videoaufnahmen im zivilrechtlichen Kontext datenschutzrechtlich zulässig sind, beschäftigt die Gerichte regelmäßig – nicht zuletzt seit Inkrafttreten der DSGVO. Das Urteil des Amtsgerichts Lörrach vom 3. März 2025 (Az. 3 C 1099/24) ist in dieser Hinsicht von besonderem Interesse: Es stellt klar, dass selbst ein nachvollziehbares Interesse an Beweissicherung im nachbarschaftlichen Umfeld nicht jede Datenverarbeitung rechtfertigt. Entscheidend ist vielmehr die Erforderlichkeit der Datenverarbeitung – und diese kann objektiv fehlen, selbst wenn subjektiv ein Konflikt vorliegt.

Das Gericht stellt dabei hohe Anforderungen an die Zulässigkeit privater Überwachungshandlungen und betont zugleich die gerichtliche Kontrollkompetenz hinsichtlich der behaupteten Indizqualität solcher Aufnahmen. Das Urteil zeigt exemplarisch, wie sich der datenschutzrechtliche Grundsatz der Datenminimierung auch im Spannungsfeld privater Rechtsdurchsetzung behauptet.

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Öffentliche Zugänglichmachung (§19a UrhG) im Rahmen einer Instagram-Story

Beim Landgericht Köln, 14 O 401/21, ging es um einen außergewöhnlichen Fall des strittigen Teilens eines Bildes über einen Social Media Stream. Eine Zeugin gab an, ein urheberrechtlich geschütztes Bild in einem Beitrag eines Unternehmens gesehen zu haben, das – sehr substantiiert und unter Vorlage von Informationen aus einem Social Media Management Programm – bestritt, ein solches Bild geteilt zu haben … und fand damit Gehör. Die Entscheidung ist zugleich ein Beispiel für den Streit um die Montage von Screenshots, worauf es hier am Ende nicht ankam.

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Verwertungsverbot bei Beweisen aus DSGVO-Verstoß

Beim Arbeitsgericht Mannheim (14 Ca 135/20) ging es um die Frage, ob ein Verwertungsverbot – hier hinsichtlich Sachvortrags – daraus folgt, dass eine Prozesspartei unter Verstoß gegen DSGVO-Grundsätze an einen Beweis gelangt ist.

Nun ist dem deutschen Zivilprozessrecht ein “Sachvortragsverwertungsverbot” fremd. Ein Verwendungs- und Verwertungsverbot kann mit dem Bundesarbeitsgericht aber dann in Betracht kommen, wenn eine erhebliche, im Einzelfall nicht gerechtfertigte Persönlichkeitsrechtsverletzung vorliegt und das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung überwiegt.

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Zugang von Abmahnschreiben als Dateianhang einer e-Mail

Wird ein Abmahnschreiben lediglich als Dateianhang zu einer E-Mail versandt, ist es in der Regel nur und erst dann zugegangen, wenn der E-Mail-Empfänger den Dateianhang auch tatsächlich geöffnet hat. Das hat jetzt das Oberlandesgericht Hamm (4 W 119/20) klargestellt.

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Beweis für den Zugang einer E-Mail

Den Absender einer E-Mail trifft gem. § 130 BGB die volle Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die E-Mail dem Empfänger zugegangen ist. Ihm kommt keine Beweiserleichterung zu Gute, wenn er nach dem Versenden keine Meldung über die Unzustellbarkeit der E-Mail erhält. Dies hat das Landesarbeitsgericht Köln (4 Sa 315/21) am 11. Januar 2022 entschieden.

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