Beweise im Strafprozess: Wesen von Indizien

Wie muss ein Gericht mit Indizien im Strafprozess umgehen: In der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 6. Dezember 2023 (5 StR 383/23) wird das Wesen von Indizien und deren Handhabung im Strafprozess thematisiert. Der BGH betont, dass Indizien keine zwingenden Schlüsse erlauben, sondern ihren Beweiswert erst im Rahmen einer Gesamtbetrachtung aller dafür und dagegen sprechenden Gesichtspunkte gewinnen. Diese Gesamtwürdigung ist notwendig, um die volle Überzeugung eines Gerichts von der Täterschaft einer Person zu begründen.

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Digitale Beweismittel

Digitale Beweismittel: Wie geht man mit digitalen Beweismitteln (richtig) um? Diese Frage ist allgegenwärtig und leider kaum Gegenstand juristischer Auseinandersetzungen: Es gibt nur eine extrem überschaubare Anzahl von Aufsätzen zum Thema, gerichtliche Entscheidungen sind noch seltener. Dabei drängt sich gerade mit der zunehmenden Digitalisierung des Prozesswesens diese Frage auf.

Vor allem eine Frage ist inzwischen ebenso drängend wie vollkommen aus dem Fokus geraten: Was ist ein digitales Beweismittel? In diesem Beitrag gehe ich auf die wesentlichen Problembereiche rund um digitale Beweismittel ein, ich widme dabei einen wesentlichen Teil meines Alltags rund um technische und rechtliche Fragen von IT-Forensik und digitaler Beweismittel.

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IT-Strafrecht: BGH stärkt Bedeutung von Sachverständigen

Dann doch mit einiger Überraschung muss ich beim Bundesgerichtshof (1 StR 412/16) nachlesen, wie blind man in IT-Strafsachen den Ausführungen von Sachverständigen folgen darf:

Die Wirkungsweise der vom Computernutzer unbewusst installierten Schadsoftware hat das Landgericht auf der Grundlage der nachvollziehbar dargelegten Erläuterungen der Sachverständigen hinreichend genau festgestellt.

Das mag auf den ersten Blick wenig spektakulär erscheinen, allerdings muss man dazu wissen, dass der Bundesgerichtshof für Sachverständigengutachten, die bei bedeutenden Fragen hinzugezogen werden – insbesondere wenn es um DNA-Bewertungen aber auch forensisch-psychiatrische Fragen geht – von den Kammern erwartet, dass man sich im Urteil mit den Gutachten auseinandersetzt. Insbesondere gibt es bestimmte Kriterien, an Hand derer das Gutachten im Urteil darzustellen ist. Dass man hier nun mit einem Satz dem Sachverständigen schlicht folgt und der BGH dazu sonst nichts anzumerken hat – insbesondere keine Kriterien für die Instanzrechtsprechung – ist bei einer schuldrelevanten Frage dann doch überraschend. Safferling in NStZ 7/2018 spricht auf Seite 405 vollkommen zu Recht von einem „vorschnellen Folgen“ der Ausführungen des Sachverständigen. Deutlich wird dies, wenn man sich vor Augen hält, dass nicht einmal ein Satz zur Methodik des Sachverständigen dargestellt werden muss – gerade bei der Frage der „Wirkungsweise einer Schadsoftware“.

Es sind nur wenige Zeilen, die erst im Umkehrschluss deutlich machen, dass Strafgerichte jedenfalls derzeit recht freie Hand bei dem Umgang mit IT-Sachverständigen haben. Es dürfte nicht allzu lange dauern, bis erste Kriterien entwickelt werden, an Hand derer ein Gericht sich in seinem Urteil mit einem IT-Sachverständigengutachten auseinander zu setzen hat. Insgesamt zeigt diese Entscheidung (die ich gesondert noch weiter besprechen werde), allerdings dass man sich auf dünnem Boden in Deutschland bewegt, wenn etwa pauschale Abzüge bei der Schätzung der Anzahl von Geschädigten in IT-Strafsachen mit Schadsoftware ermöglicht werden. 

Zunehmende Dauer bei der Auswertung von Hardware

Seit einiger Zeit muss ich feststellen, dass die ohnehin recht lange zeitliche Dauer bei der Auswertung von beschlagnahmter Hardware durch Ermittlungsbehörden noch weiter angestiegen ist. Während man früher von 6 Monaten bis zu 12 Monaten ausgehen konnte, hat sich dies rapide verschlechtert:

  • In einem sehr einfachen Fall, der keine Haftsache ist, wo es aber u.a. um Kinderpornographie geht, dauert die Auswertung eines Mobiltelefons aktuell 2 Jahre – und ein Abschluss ist nicht in Sicht.
  • In einem weiteren Fall dauerte das einfache analysieren einer Festplatte ein gutes Jahr, in einem weiteren Fall gar 1,5 Jahre. Beides war zwar keine Haftsache, allerdings wurde am Ende nur die übliche Analyse mit forensischer Software ohne Sichtprüfung durchgeführt.
  • Zum Vergleich: Selbst in einer Serie von Kapitalverbrechen, wo jemand in Haft ist und es lediglich um den Abgleich von 5 DNA-Funden geht, dauert die Analyse bereits 5 Monate an.

Es zeigt sich im gesamtbild, dass man aktuell bei der Auswertung von Hardware ganz erhebliche Zeit einplanen muss. Jedenfalls wo der Mandant nicht in Haft ist, läuft die Uhr insoweit eher für als gegen den Mandanten je länger es dauert. Dabei muss bei unberechtigter Beschlagnahme dann geprüft werden, ob eine Entschädigung für veraltete zurückgegebene Hardware zu leisten ist.